Nazigruppe sucht (und bekommt) Stress in der Dresdner Neustadt
18. November 2024 - 17:05 Uhr
Wie der Sächsischen Zeitung am 17. November zu entnehmen war, soll es am frühen Abend des 16. Novembers zu einem tätlichen Angriff in der Dresdner Neustadt gekommen sein. Drei junge Menschen (16, 18, 19) seien von einer siebenköpfigen Gruppe mit „Schlagstöcke[n] und Pfefferspray“ angegriffen und verletzt worden. Hierbei beruft sich die SäZ auf eine Polizeimeldung vom Vorabend. Die Bewohner*innen und Besucher*innen des Viertels haben allerdings andere Erfahrungen gemacht.
Wie Augenzeug*innen gegenüber addn.me berichten, soll es sich bei den Jugendlichen nicht um das typische Neustädter Samstagabend-Publikum gehandelt haben, sondern um eine größere Gruppe Nazis. Diese habe, so die Aussage von Augenzeug*innen, auf ihrem Weg durch die Neustadt gezielt Personen bepöbelt, bedroht und angegriffen. Ziele sollen vor allem „links“ gelesene Menschen gewesen sein. Die Gruppe aus zwischenzeitlich etwa 15 alkoholisierten Jugendlichen und jungen Erwachsenen trug teilweise einschlägig rechte Kleidung, unter anderem Pullover der Marke „Thor Steinar“.
Unabhängig voneinander bestätigen verschiedene Quellen, dass die Gruppe junger Nazis erstmals bei einem Gruppenfoto auf dem Alaunplatz auffiel. Hierbei war der überwiegende Teil der Gruppe vermummt, u.a. mit Schlauchschals in schwarz-rot-gold. Mindestens ein „Sieg Heil!“ soll gerufen worden sein. Im Anschluss zog die Gruppe über den Bischofsweg in Richtung Schauburg. Auf dem Weg, so ein Augenzeuge gegenüber addn.me, wurde ein aggressives Auftreten an den Tag gelegt. Nachdem die Gruppe kurzzeitig an der Schauburg halt gemachte habe, sei sie wieder umkehrt und erneut in Richtung Alaunpark gelaufen. Auf dem Weg dahin sei „regelrecht Jagd“ auf vermeintlich Linke gemacht worden, wie ein Augenzeuge weiter berichtet.
Auf Höhe der Förstereistraße, so die Schilderungen, stieß die Gruppe jedoch auf Gegenwehr. Eine Augenzeugin berichtet, dass die Nazigruppe mehrfach versucht habe, in die Förstereistraße vorzudringen, wo sich eine Gruppe vermeintlich Linker befand. Mindestens zwei Flaschen sollen von den jungen Nazis auf die sich in der Straße aufhaltenden Personen geworfen worden sein, so ein weiterer Beobachter gegenüber addn.me. Danach sei die Gruppe Jugendlicher wieder in Richtung Schauburg geflüchtet. Auf dem Weg dahin gab es weitere Versuche als „links“ gelesene Personen anzugreifen.
An der Ecke Bischofsplatz/Rudolf-Leonhard-Straße wurde die Gruppe von der Polizei in Empfang genommen. Einzelne Nazis sollen dennoch weiter auf Beobachter*innen der Situation zugegangen sein und diese bedroht und beleidigt haben. Die Beamten vor Ort hätten Mühe gehabt, die aggressiven Nazis zurück zu halten. Augenzeug*innen beschreiben das Vorgehen der Polizei als „planlos“ und „überfordert“. An der Haltestelle Bischofsplatz kam später auch ein Krankenwagen hinzu. Dieser versorgte eine verletzte Person aus der Gruppe der Neonazis und nahm sie mit in ein Krankenhaus. Eine weitere Person wurde vor Ort behandelt. Anschließend wurde der verbliebene Teil der Gruppe durch die Polizei zum Bahnhof Neustadt geleitet.
Die Schilderungen der verschiedenen Augenzeug*innen sind weitgehend deckungsgleich und widersprechen der Darstellung in der Polizeimeldung deutlich. Das Antifa Recherche Team Dresden ergänzt die Eindrücke der Augenzeug*innen gegenüber addn.me: Demnach seinen einzelne Personen aus der Gruppe in der jüngeren Vergangenheit Teil neonazistischer Mobilisierungen gegen die CSDs in Sachsen gewesen. Es sei davon auszugehen, dass sich die Gruppe bewusst in der Neustadt bewegt habe, um Stress im als links-alternativ geltenden Stadtteil zu provozieren. In den letzten Wochen habe es vereinzelt andere Vorfälle gegeben, bei denen Gruppen junger Neonazis in der Äußeren Neustadt unterwegs waren. Diese Ereignisse sind wohl Resultat eines etwas zu großen Selbstbewusstseins unter rechten Jugendlichen. Nicht ausgeschlossen werden könne, dass ähnliche Aktionen folgen, so die Antifagruppe abschließend.
Veröffentlicht am 18. November 2024 um 17:05 Uhr von Redaktion in Nazis